Das Marmeladen-Paradoxon

Allgemein

Wer kennt es nicht?

Voller Vorfreude Zuhause angekommen beginnt man damit das üppige Angebot der aktuellen Streamingdienste zu durchforsten und stellt nach kurzer Zeit fest, dass es ziemlich schwer ist sich für einen der vielen Filme und Serien zu entscheiden. Nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit auf der Startseite mit Scrollen und analysieren der Detailseiten verbracht haben, kommen wir leider häufig zu dem Ergebnis keine Auswahl getroffen zu haben. Überwältigt von dem gigantischen Angebot fällt es uns schwer eine Auswahl zu treffen, die uns zufriedenstellt. Viele schalten an diesem Punkt ihren Smart TV wieder aus.

Aber egal! Für das passende Unterhaltungsprogramm kann man sich im Nachhinein auch noch Gedanken machen. Viel wichtiger wäre es sich schonmal das passende Abendessen nach Hause zu bestellen. Kurzerhand Lieferando aufgerufen und sich die erst beste Pizzeria mit den richtigen Lieferkonditionen/Bewertung rausgesucht – und ab dafür! Doch auch hier erwartet uns nach kurzer Zeit häufig Ernüchterung. Welche der vielen Pizzen und Nudelgerichte ist denn jetzt die richtige? Bei einem Angebot von 50 Pizzen, die sich im Detail minimal unterscheiden, genau die zu finden, die mich jetzt den ganzen Abend zufriedenstellt ohne es später zu bereuen, wird schnell zur Mammutaufgabe. Nicht selten ist man am Ende von dem großen Angebot so Überwältigt, dass man einfach das „Übliche“ oder gar nichts bestellt.

Eine Situation mit der jeder in meinem Freundeskreis vertraut ist. Hier zeigt sich, dass ein Überangebot des Anbieters, egal ob Netflix und Co oder ein Fastfoodlieferant, die eigene Entscheidungsfähigkeit negativ beeinflusst. Eine riesige Anzahl an Möglichkeiten, was eigentlich oft gewünscht ist, wird jetzt zum Problem. Doch woran liegt das? Hinter diesem Phänomen steckt in Wirklichkeit handfeste Psychologie, die sogar einen Namen trägt:

Das Paradox der Wahl. Oder auch: „Das Marmeladen Paradoxon“.

Was steckt dahinter?

Dieser Sachverhalt wurde in einem Experiment genauer unter die Lupe genommen. Zwei Gruppen von Probanden wurden vor die Wahl von Marmeladengläsern gestellt. Gruppe 1 hatte 24 verschiedene Marmeladen, wohingegen Gruppe 2 nur 6 Marmeladen zur Auswahl hatte. 

In Gruppe 1 (24 Marmeladen) probierten 60% der Kunden eine Marmelade aus, wohingegen nur 3% auch wirklich ein Glas kauften.

In Gruppe 2 (6 Marmeladen) probierten 40% eine Marmelade aus, wohingegen sogar 30% (!) am Ende auch ein Glas kauften.

Erstaunlich dabei war, dass die Teilnehmer aus Gruppe 2 in einer späteren Befragung mit ihrer Entscheidung zufriedener waren als ihre Kollegen aus Gruppe 1. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Ein Grund dafür liegt in unserem Gehirn. Es ist nur bedingt in der Lage gleichzeitig wahrzunehmen, sich zu erinnern und anschließend zu vergleichen. Ein anderer Grund liegt darin, dass Menschen bei einer zu großen Auswahl an Möglichkeiten Angst haben eine falsche Entscheidung zu treffen, die sie später bereuen könnten. Viele ziehen es daher lieber vor gar keine Entscheidung zu treffen, bevor sie sich falsch entscheiden. Wir können uns also merken:

Zu viele Entscheidungsalternativen behindern die Entscheidungsfindung, hingegen kann eine begrenzte Auswahl die Rentabilität steigern.

Streamingdieste lösen dieses Problem indem sie visuelle Grenzen aufziehen. Ihr riesiges Angebot wird in viele kleinere Kategorien bzw. Genres (Comedy, Action, Dokumentation, Horror etc.) verpackt und dem User nur häppchenweise mit maximal 7 Filmen pro Kategorie angezeigt. Der User kann also gleichzeitig nur 7 Thumbnails wahrnehmen, vergleichen und bewerten. Dabei erhält er einen Einblick ins Sortiment ohne ihn mit der eigentlichen riesigen Auswahl zu überfordern. Erst beim vertikalen scroll werden ihm 7 neue Filme zur Auswahl angezeigt und das Spiel beginnt von vorne. 

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